Kriminalpsychologin: Erinnerungen können beeinflusst werden
Wenn Erinnerungen trügen, kann das vor Gericht fatale Folgen haben. Was aber sind Scheinerinnerung? Und wie können Richter sie erkennen?
Nicht jeder, der Unwahres berichtet, lügt. Mitunter trügt die Erinnerung oder fehlende Elemente werden ergänzt. Das kann dazu führen, dass letztlich Geschichten konstruiert werden, die mit der historischen Wahrheit nicht mehr übereinstimmen. Neben der bewussten Falschaussage eines Zeugen spielen insofern vor Gericht und bei der aussagepsychologischen Begutachtung auch immer mögliche suggestive Einflussfaktoren auf die Aussageentstehung und -entwicklung eine wichtige Rolle.
Erinnerungen können vielfältig beeinflusst werden: Kritische Lebensereignisse, pubertäre Krisen, aber auch starke affektive Bedürfnisse – womöglich einhergehend mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsdisposition machen Personen verstärkt empfänglich für Suggestionen. Auch Drogenkonsum oder gewisse psychische Erkrankungen können dazuführen, dass Realität undFantasie verschwimmen. Medien, das soziale Umfeld, aber auch eine Psychotherapie können unter Umständen suggestive Wirkung entfalten. Das Risiko betrifft insbesondere Erinnerungen, für die angegeben wirde, dass sie nach langer Zeit der Amnesie wieder erinnert worden seien. Mahnende Stimmen aus der Literatur weisen darauf hin, dass das Risiko von Scheinerinnerungen unterbewertet wird.
Von Valentin Heneka, Badische Zeitung vom 13.08.2021, S. 32
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