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Kriminalpsychologin: Erinnerungen können beeinflusst werden

Wenn Erinnerungen trügen, kann das vor Gericht fatale Folgen haben. Was aber sind Scheinerinnerung? Und wie können Richter sie erkennen?

Nicht jeder, der Unwahres berichtet, lügt. Mitunter trügt die Erinnerung oder fehlende Elemente werden ergänzt. Das kann dazu führen, dass letztlich Geschichten konstruiert werden, die mit der historischen Wahrheit nicht mehr übereinstimmen. Neben der bewussten Falschaussage eines Zeugen spielen insofern vor Gericht und bei der aussagepsychologischen Begutachtung auch immer mögliche suggestive Einflussfaktoren auf die Aussageentstehung und -entwicklung eine wichtige Rolle.
Erinnerungen können vielfältig beeinflusst werden: Kritische Lebensereignisse, pubertäre Krisen, aber auch starke affektive Bedürfnisse – womöglich einhergehend mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsdisposition machen Personen verstärkt empfänglich für Suggestionen. Auch Drogenkonsum oder gewisse psychische Erkrankungen können dazuführen, dass Realität undFantasie verschwimmen. Medien, das soziale Umfeld, aber auch eine Psychotherapie können unter Umständen suggestive Wirkung entfalten. Das Risiko betrifft insbesondere Erinnerungen, für die angegeben wirde, dass sie nach langer Zeit der Amnesie wieder erinnert worden seien. Mahnende Stimmen aus der  Literatur weisen darauf hin, dass das Risiko von Scheinerinnerungen unterbewertet wird.

Von Valentin Heneka, Badische Zeitung vom 13.08.2021, S. 32

https://www.badische-zeitung.de/kriminalpsychologin-erinnerungen-koennen-beeinflusst-werden–204083784.html

 

außerdem zum Thema Pseudoerinnerungen bzw. Fehlerquellen bei der Erinnerung:

http://dr-gasch.de/psychotherapie-vor-abschluss-der-beweisaufnahme-im-strafverfahren-traumatherapie-als-potenzielle-fehlerquelle-bei-der-tatsachenfeststellung/

Sicherheitsrelevante Vorfälle und Bedrohungsmanagement an deutschen Gerichten – eine Bestandsaufnahme

In: Report Psychologie 05/2020 (S.16-19)

https://www.researchgate.net/publication/340649286_Sicherheitsrelevante_Vorfalle_und_Bedrohungsmanagement_an_deutschen_Gerichten_-_eine_Bestandsaufnahme

Für Richter und Staatsanwälte sind sicherheitsrelevante Vorfälle an deutschen Gerichten längst keine Seltenheit mehr. Jeder einzelne Vorfall verdeutlicht das prinzipiell immer gegenwärtige Gefährdungsrisiko sowie die Notwendigkeit, strukturelle Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die individuelle Sensibilität zu erhöhen, Risiken zu bewerten und gegebenenfalls angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Dies beginnt bereits beim Aktenstudium der Juristen in Vorbereitung auf die jeweilige Verhandlung – Hinweise auf psychische Auffälligkeiten, drohenden Gesichtsverlust oder krisenhafte Lebensereignisse (z.B. im Zusammenhang mit Sorgerechtsstreit) können bereits ein Warnsignal darstellen. Dabei scheint es in der Strafgerichtsbarkeit nicht öfter zu Aggressionen und tätlichen Übergriffen zu kommen als beispielsweise in den Bereichen der Familien-, Sozial- oder Arbeitsgerichtsbarkeit.

Noch fehlt ein bundeseinheitliches Lagebild zu Attacken auf Richter und Staatsanwälte im deutschen Raum. Der Bereich der Gerichtspsychologie wird nun aber auch (endlich) in Deutschland langsam um den Aspekt erweitert, der den Menschen in Robe in den Fokus rückt und würdigt.

 

außerdem:

http://dr-gasch.de/2008a-verhandlungsgegenstand-mensch-das-phaenomen-entfuehrung-aus-integrativ-kriminalpsychologischer-sicht/

https://www.researchgate.net/publication/264763472_Verhandlungsgegenstand_Mensch_Das_Phanomen_Entfuhrung_aus_integrativ_kriminalpsychologischer_Sicht

http://dr-gasch.de/2011a-psychische-eigensicherung-fuer-potentielle-entfuehrungsopfer/

https://www.researchgate.net/publication/297565782_Psychische_Eigensicherung_fur_potenzielle_Entfuhrungsopfer/stats#fullTextFileContent

http://dr-gasch.de/2006d-vorbereitung-von-mitarbeitern-auf-den-einsatz-in-krisengebieten-und-die-notfallpsychologische-betreuung-im-ernstfall/

http://dr-gasch.de/2003b-taeter-unter-klinisch-psychologischen-blickwinkel-interventionsmoeglichkeiten-im-bereich-strafvollzug-und-sozialarbeit-verhalten-von-bediensteten-bei-geiselnahmen-in-justizvollzugsanstalten/